Ölbergandacht
ÖLBERGSTUNDE 2020
Gerade in diesen Tagen und Wochen erleben viele von uns Ölbergstunden: Stunden voller Angst, Wut, Isoliertheit, Einsamkeit, Verzweiflung und Dunkelheit, die nicht bewältigbar scheinen.
Die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Epidemie muten uns so viel, ja mehr zu, als manche tragen können.
Eine häufige Reaktion nach dem ersten Schock war Widerstand. Alles sträubt sich gegen das Unbegreifliche, gegen das Unfassbare. Warum Gott? Wie konntest du das zulassen, wenn du mich, wenn du die Menschen liebst?
Dann folgt ein Handeln mit Gott: Tu mir das nicht an, ich bitte dich! Alles, aber das nicht! Keine Arbeit, keine Freunde, keine persönlichen Kontakte, keine Besuche, Abstand halten, Angst vor Ansteckung, Angst vor dem Tod!
Viele Menschen erleben heuer die Ölbergstunde hautnah.
Versuchen wir, mit Jesus zu wachen und zu beten, die eigenen Ölberg-Erfahrungen Gott hinzuhalten, bitten wir um Kraft für die Zumutungen im eigenen Leben und vertrauen wir, dass Gott da ist und alle unsere Schritte mitgeht.
Nimm diesen Kelch von mir
WEN ES TRIFFT
„Warum ausgerechnet ich?“,
fragt der erfolgreiche Rundfunkredakteur,
als ihm der Neurologe nach langen Untersuchungen
die Diagnose mitteilt: Multiple Sklerose.
„Warum nicht auch ich?“,
sagt die Mutter von drei Kindern.
„Ich weiß ja um die statistische Häufigkeit von Brustkrebs.“
„Es ist doch alles vorherbestimmt“,
sagt die ältere Witwe, als ihr Mann
nach vier Jahren Alzheimer bei einem Schlaganfall plötzlich tot umfällt.
„Womit habe ich das verdient,
dass ich immer noch leben darf?“,
fragt dankbar die Frau, vierzehn Jahre nach ihrer Herztransplantation.
„Welche Botschaft will mein Körper mir sagen?“,
fragt sich der junge, ehrgeizige Musiker nach dem Hörsturz.
„Nach diesem Motorradunfall ist nichts mehr wie vorher“,
merkt der junge Mann, „nichts mehr mit Skilaufen und Tanzen,
vielleicht muss ich sogar den Beruf wechseln,
und gehandicapt werde ich wohl bleiben für immer.“
„Ich werde kämpfen!“, sagt er.
„Ich werde den Krebs besiegen!
Meine Kinder brauchen mich! Ich will leben!
Auch wenn der Mund wund ist von der geballten Chemotherapie.
Ich werde es schaffen!“
Von einem weiß ich, der war erst 33 Jahre alt,
als sie ihn ans Kreuz nagelten.
Auch er hat geschrien: „Gott, mein Gott, warum …?“
Erst später - so wird erzählt - konnte er einwilligen:
„Vater, in deine Hände empfehle ich meinen Geist!“
„Wen es trifft ...“
Irgendwann trifft es uns alle
an unserer empfindlichsten Stelle.
Dann kommt es drauf an ...
Herr Jesus,
danke für dein Licht!
Du hast die Dunkelheit des Todes
mit allen Ängsten, allen Schrecken,
aller Ohnmacht erlebt, erlitten, überwunden!
Zeig uns dieses Licht, wenn uns die Ängste schütteln,
wenn alles Schöne, Friedliche unwirklich wird.
Zeig uns dein Licht, wenn uns die Trauer überwältigt,
wenn die Vergänglichkeit uns zur Verzweiflung führt.
Zeig uns die Hände, deren Wunden leuchten
und uns hinüberweisen in das Gottesreich.
Sprich zu uns Deine hellen, klaren Worte,
die uns die Augen öffnen für Dein Licht,
für Deine Liebe und für die Geborgenheit,
die uns in Deiner Nähe Tag und Nacht umfängt. AMEN
Bleibt hier und wacht
Bleib hier – bleib in deinem Haus
Bleib hier - halt inne
Bleib hier - komm zur Ruhe
Bleib hier und nimm deine Aufgekratztheit wahr
Bleib hier und spür die Unruhe
Bleib hier und halte das Unfassbare dieser Tage aus
Bleib, weil du dich und andere schützen musst
Bleibet hier und wachet mit mir, wachet und betet, wachet und betet.
Bleib, weil genau du gebraucht wirst
Bleib, wenn du die Wirtschaft aufrecht halten kannst
Bleib, wenn der Rest der Welt nicht helfen kann und nicht solidarisch ist
Bleib, auch wenn du Angst hast vor Ansteckung
Bleib, um Zeichen zu sein gegen den Egoismus
Bleib, um Liebe in die Welt zu bringen
Bleibet hier und wachet mit mir, wachet und betet, wachet und betet.
Bleib, so sagen es die Augen der Kranken
Bleib, so sagt es uns das Kind
Bleib, fleht ein Sterbender
Bleib dort, wo sich der Abgrund aufgetan hat
Bleib, den ewigen Gott in diesem Abgrund zu beschwören
Bleibet hier und wachet mit mir, wachet und betet, wachet und betet.
Wachet mit mir
Wachet, denn Schläfer gibt es genug
Wachet, denn die Verzweiflung der Kreatur braucht Zeugen
Wachet, denn das will ausgehalten sein
Wachet und fragt: Herr, wie lange noch
Wachet mit allen, die vor Sorgen und Schmerzen keine Ruhe finden
Wachet und nehmt Maß an der größeren Liebe Christi
Bleibet hier und wachet mit mir, wachet und betet, wachet und betet.
Mein Vater, wenn dieser Kelch an mir nicht vorübergehen kann, ohne dass ich ihn trinke, geschehe dein Wille
Gott,
warum schweigst du?
Wo ist deine Antwort?
Wo ist das Wort von Dir, auf das ich warte?
Erwartest Du Geduld von mir, dann sage es!
Gott,
sorgst Du Dich nicht, dass ich Dich verliere?
Gib mir ein Zeichen, einen Hinweis nur.
Lebst Du so völlig außerhalb der Welt, der Zeit?
Komm, Gott, und sprich mit mir,
dem Ängstlichen, dem Traurigen, dem Einsamen, dem Sterbenden.
Komm! Sprich!
AMEN
JESUS CHRISTUS spricht:
„Ich war einsam …
… und Ihr habt mich regelmäßig angerufen.
Ich konnte nicht zum Einkaufen …
... und Ihr seid für mich gegangen und habt die Sachen vor die Tür gestellt.
Ich konnte keinen Besuch empfangen im Altersheim …
… und Ihr habt mir eine Karte geschrieben.
Ich hatte Angst …
… und Ihr habt mir am Telefon Mut und Hoffnung geschenkt.“
So wollen wir in dieser Anbetungsstunde bitten,
dass Gott uns Menschen in allen dunklen Nächten nahe bleibt
und im Morgenlicht am Ufer auf uns wartet.
Den Kranken und Leidenden der Corona-Krise: Sei du ihnen nahe.
Den Obdachlosen, die keine Speisenausgabe finden: Sei du ihnen nahe.
Den einsamen Menschen, die isoliert sind: Sei du ihnen nahe.
Den Trauernden, die nicht getröstet werden können: Sei du ihnen nahe.
Den Sterbenden, denen niemand die Hand halten kann: Sei du ihnen nahe.
Den Menschen, die in diesen Tagen Angst haben: Sei du ihnen nahe.
Den Politikern, dass sie kluge Entscheidungen treffen: Sei du ihnen nahe.
Den Arbeitslosen und den Überarbeiteten: Sei du ihnen nahe.
Den Hoffnungslosen und Resignierten: Sei du ihnen nahe.
Denen, die dich von ganzem Herzen suchen: Sei du ihnen nahe.
Allen Menschen, die deine Hilfe brauchen: Sei du ihnen nahe.
Das Gebet des Herrn eint alle Christinnen und Christen auf der Welt und stärkt unseren Glauben:
Vater unser