Martins Bräuche im Burgenland
Aufgrund Martins Barmherzigkeit und seinen vielen historischen Geschichten verbreiteten sich nach der Ernennung zum Landespatron des Burgenlandes viele Bräuche im Burgenland.
Die bekanntesten Traditionen sind der Laternenumzug, das Essen von Gänsen und das Martiniloben.
Laternenumzug und Martinsfeuer
Der Laternenumzug, auch „Sankt Martins Umzug“ genannt, ist eine der beliebtesten Traditionen der Kinder rund um den 11. November. Nach Wolf zeigen Aufzeichnungen, dass diese Tradition bereits seit dem 15. Jahrhundert besteht (vgl. Wolf 2014, S. 111).
In den Schulen und Kindergärten werden Laternen gebastelt, und die Geschichte des Heiligen Martins wird den Kindern näher gebracht. Verschiedenartige Martinslieder werden gelernt, um diese am Vorabend während des Umzuges durch die Ortschaft gemeinsam zu singen. Am Vorabend des 11. November versammeln sich Menschen aller Altersklassen, um zusammen die Laternen zu erleuchten und einen Rundgang im Ort zu machen. Manche Umzüge werden von einem als Martin verkleideten Soldaten auf einem Pferd begleitet, der die beliebte Geschichte der Mantelteilung nachspielt. In manchen Gemeinden ist es auch üblich, nach dem Umzug gemütlich bei Tee und Gebäck zusammenzusitzen. Dabei steht das Teilen im Mittelpunkt (vgl. Wolf 2014, S. 111ff).
Auch das Martinsfeuer ist eine Tradition, die sich im Burgenland finden lässt. Diese Tradition sowie auch der Laternenumzug sind Lichtertraditionen, die zur Verehrung des Heiligen dienen. Außerdem sollen die Laternen der Kinder Licht in die Finsternis bringen. Sie stehen für das Gute in unserer Seele (vgl. Drouve 2011, S. 59 ff).
Kulinarische Tradition – Das ‚Ganslessen‘
Die gebratene Martinigans ist um den 11. November im Burgenland nicht mehr wegzudenken. Der Sage nach hatte sich Martin im Gänsestall vor der Bevölkerung versteckt, um der Bischofsweihe zu entgehen. Doch Martin wurde von den schnatternden Gänsen verraten und so wurde er doch noch zum neuen Bischof von Tours ernannt (siehe Martin und die Gänse) (vgl. Drouve 2011, S. 65).
Aus dieser Legende entstand der Brauch, zu Martini Gänse zu verzehren. Diese Tradition existiert lediglich deshalb, weil dies die Zeit war, die Gänse zu schlachten (vgl. Wolf 2014, S. 108ff). Martini galt früher auch als Zahltag. Angestellte wurden mit Naturalien entlohnt, dabei war die Bezahlung für Pfarrer und Lehrer eine Martinigans (vgl. Becker-Huberti 2003, S. 47f). Heute wird in vielen Gasthäusern das traditionelle ‚Ganslessen‘ bereits einige Wochen vor Martini angeboten.
Martiniloben
Vor allem in den Weingegenden des Nordburgenlandes wird die Tradition des Martinilobens praktiziert. Genauso wie der Brauch der Martinigans kommt auch der Brauch des Martinilobens von den Bauern. Wenn im Herbst die Trauben geerntet werden, entsteht der erste Jungwein. Erst ab Martini ist es erlaubt, auf den neuen Wein mit dem Wort „Prost“ anzustoßen. Dies ist eine günstige Gelegenheit, Martini zu feiern und den „guten Jüngling“ zu verkosten. Zuvor muss der Jungwein getauft oder gesegnet werden. Jeder Wein hat eine Patin oder einen Paten, der/die den Wein tauft. Manche Weine haben Priester als Paten. Diese Weine werden gesegnet (vgl. Wolf 2014, S. 107; vgl. Drouve 2011, S. 65f).
Martinisegen
Der Martinisegen ist ein Brauch, der im Burgenland immer seltener wird. Am ehesten ist er noch in Weidegebieten zu finden. Dieser Brauch wurde am 11. November praktiziert und galt als das Ende eines Weidejahres, wobei der Hirte einer Herde nach dem letzten Heimtrieb des Vieh seinem Arbeitgeber oder seiner Arbeitgeberin eine Rute von einem Baum überreichte. Zugleich erhielt der Hirte auch die Bezahlung für das Weidejahr in Form von Geld oder Waren. Diesen Zweig musste der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin bis zum ersten Weidetrieb im Frühjahr aufbewahren, um damit das Vieh wieder auf die Weide zu treiben. Bei der der der Gerte an den Dienstgeber/die Dienstgeberin wurde ein Spruch aufgesagt, die von Ortschaft zu Ortschaft variierte.
In Nickelsdorf, im Nordburgenland, beispielsweise wurde der folgende Spruch aufgesagt:
„Der Hirt nimmt die Gerte in die Hand und steckt sie an die Wand.
Am Georgi-Tag nimm’s heraus und treib deine Viecher auf die Heid hinaus.
Das’s die Bein‘ nicht bricht und die Haut net z’reißt.
Gottvater, der Sohn und der Heilige Geist.
Amen“
Aus Lebenbrunn im Mittelburgenland ist folgender Spruch überliefert:
„Dass ihr wißt, jeder Hirt geht mit der Gart’n um!
Soviel Äst und Zweig und Knospen sollst das künftige Jahr Ferkel austreiben!
Gelobt sei Jesus Christus!“
Aus Krobotek im Südburgenland stammt folgender Spruch:
„Jürgen treibt aus,
Martini z’Haus,
Rinder und Schwein
soll alles z’Haus sein!“
So verschieden die Sprüche auch sein mögen, der Sinn jedes einzelnen war der Wunsch der zahlreichen Vermehrung der Tiere und dass ihnen kein Unheil zustoßen möge. Die Rückgabe fand traditionell am Georgi Tag, dem 23. April des darauffolgenden Jahres, statt (vgl. Pastoralamt und Katholische Aktion der Diözese Eisenstadt 2016, S. 14f; vgl. Wolf 2014, S. 114f).
Lisa Maria Wukitsevits