Jugend am Synodalen Weg: Brief von Erzbischof Lackner an unsere Schüler*innen
Liebe Schülerinnen und Schüler, liebe junge Freunde,
ich möchte mich herzlich bei euch bedanken, dass ihr der Einladung von Papst Franziskus mit solchem Engagement gefolgt seid.
Eure Beiträge zeigen, dass euch wichtig ist, was in der Kirche und mit der Kirche passiert, und damit habt ihr gezeigt, warum die Kirche niemals auf die Jungen vergessen darf.
Es sind jetzt bald 20 ]ahre, die ich als Bischof wirken darf. Eine lange Zeit, in der ich sehen konnte, wie sich die Fragen an die Kirche immer wieder verändern. Ich glaube, es ist wichtig, dass wir einander zuhören. Ich bin nun kein "Junge" mehr, aber so wie wir Älteren von euren Fragen und Ideen lernen können, habt vielleicht ihr Jungen auch etwas aus der Erfahrung und tatsächlich manchmal auch der Weisheit der Älteren zu ziehen. Ob jung oder alt - unser Weg mit und in der Kirche ist derselbe. Das steckt ja auch in dem Wort ,,Synode" - im Griechischen bedeutet dieses Wort ,,gemeinsamer Weg". Dazu lädt uns der Papst ein.
Eure Anliegen und Wünsche nehmen wir Bischöfe durchaus wahr, und wenn wir zu einem Thema nicht sofort ,,ja" sagen, heißt das nicht, dass wir euch damit ignorieren. Die Kirche hat eine lange Tradition; das bedeutet nicht, dass immer alles gleich bleiben muss, aber es heißt, dass wir auf eine lange Geschichte zurückblicken können, in der immer wieder ähnliche Fragen gestellt wurden, die nach Antworten verlangten. Ich vergleiche die Kirche gerne mit einem Baum. Dieser hat einen festen, unveränderlichen Stamm. Die feinen Verzweigungen aber, von den Ästen bis zu den Blättern, dort lässt sich die Wachstumsrichtung noch verändern. Der Stamm bleibt, und nur er kann uns mit den Wurzeln verbinden. Der Wurzelstock, das ist jesus Christus.
Wir haben gerade in den letzten Jahren gesehen, dass auch in der Institution Kirche viel Schreckliches geschehen ist. Wir können und dürfen uns davor nicht verschließen, wir müssen uns dem Übel stellen - auch dann, wenn wir heute Lebenden es vielleicht gar nicht selbst verursacht haben. Ich stehe zusammen mit meinen Mitbrüdern im Bischofsamt jedenfalls für eine volle Aufklärung aller Verfehlungen, aller Missbräuche, die in der Kirche passiert sind. Dafür brauchen wir aber auch euch Junge, als Mahnende, als Hilfe. So etwas darf sich nicht wiederholen.
Aus euren Beiträgen sehen wir auch, dass manche Inhalte, die die Kirche lehrt, heute bisweilen auf Unverständnis stoßen oder direkt abgelehnt werden. Ich kann euch in diesem Brief nicht auf alles davon gleich eine Antwort geben. Was ich euch aber sagen kann, ist, dass niemand in der Kirche ausgeschlossen werden darf, dass sie jeder und jedem eine Heimat bieten muss. Gerade, wenn sich vielleicht im Leben der Menschen Dinge ereignen, bei denen sie denken ,,Damit brauch ich mich beim Pfarrer gar nicht erst blicken lassen" - gerade dort müssen wir als Kirche mit Begleitung und vielleicht Antworten bereit sein. So hat Jesus es getan, so müssen es wir mit ihm tun.
Es tut gut und sehr schön zu sehen, dass ihr euch um unsere gemeinsame Kirche sorgt. In dieser Sorge treffen wir uns, auch wenn wir vielleicht zunächst nicht zu denselben Antworten kommen. Gerade das ist aber Ziel des synodalen Prozesses der Weltkirche: aufeinander hören, einander zuhören, uns jeweils einen offenen Geist erhalten. Streit über zentrale Fragen gab es schon ganz zu Beginn der Kirche, davon können wir in der Apostelgeschichte lesen. Aber am Ende konnten die Apostel und die Gemeinde von Jerusalem sagen: ,,Der Heilige Geist und wir haben beschlossen."
Das wünsche ich auch uns heute, dass wir gemeinsam, geleitet durch den Heiligen Geist Gottes, gemeinsam als Kirche in der Spur Jesu unseren Weg finden und gehen. Ich wünsche euch für diese letzten Schulwochen alles Gute. Gott segne euch und alle, die euch wichtig sind!
Erzbischof Franz Lackner
Salzburg, 17. Juni 2022