Bedenkenswertes zur epischen Figur Martinus von MMag. Dr. Lukas Pallitsch
Bedenkenswertes zur epischen Figur Martinus
Mit dem Jahr 2021 neigt sich auch ein für das Burgenland wichtiges Jahr dem Ende zu. Bei Jubiläen hält man sich gerne positive Schlüsselereignisse vor Augen. Das ist fraglos wichtig, schaffen diese doch eine gemeinsame Identität. Dazu gehört auch ein Patron, wörtlich: ein Schutzherr bzw. Schutzheiliger.
Zeiten ändern sich. Mit ihnen ändern sich Umstände und Gesellschaften. Was aber bleibt, das sind Menschen, die als Leitbilder fungieren. Menschen, an denen man sich orientieren kann. Eine solche Person ist für uns Burgenländer zweifelsohne Martin von Tours geworden.
Zeiten ändern sich und sie verändern Menschen. Den Heiligen Martin im Religionsunterricht zu thematisieren, kann zumindest Dreierlei bedeuten:
Es kann erstens bedeuten, von seinen Taten und Handlungen zu erzählen, sodass Konturen ethischen Handelns sichtbar und vorbildhaft werden. Von Martin zu erzählen, das ist einfach (nicht schwer).
Es kann zweitens bedeuten, auf Martin lehrplangemäß zuzusteuern und ihn als Heiligen im Kontext des größeren Ganzen zu benennen, sodass auf diese Weise ein Stück größere Lebensrealität sichtbar wird. Zu den jahrgangsübergreifenden Kompetenzen gehört es, Schülerinnen und Schüler Würde in Freiheit und Verantwortung zu vermitteln. Nicht nur über, sondern an Martin zu lernen, bedeutet dann, Solidarität im Miteinander und Toleranz gegenüber anderen Menschen zu lernen. In den Schulalltag übersetzt, kann solidarisches Handeln am Beispiel Martins heißen, verantwortungsbewusst mit Mitschülern umzugehen, wodurch letztlich das Zusammenleben in der Klasse gestärkt wird.
Schließlich kann es drittens bedeuten, den Heiligen Martin in den Künsten zu suchen und Aktualisierungen seiner Heiligkeit im 21. Jahrhundert zu begegnen.
In der Oberstufe ließen sich etwa Szenen aus Siegmund Kleinls Stück „Europas heiliger Krieger“ lesen, bei dem mit dem Heiligen Martin ein Kontrapunkt zum gängigen Bild gesetzt wird. Das kann aber vor allem deshalb sinnvoll sein, weil Martin in unseren Erzählungen keine dramatische, sondern eine epische Figur ist. Durch die dramatischen Szenen begegnet Martin auf eine Art und Weise, die ihn in Dialog zu uns und den Schüler*innen im Hier und Heute bringt.
Zeiten ändern sich, Menschen verändern sich. Nach wie vor aber braucht es ein Leben in Würde und Verantwortung. Und es braucht dafür zur Orientierung epische Leitfiguren.
MMag. Dr. Lukas Pallitsch
Fachinspektor für Religion an AHS/BMHS/BS und lw. FS