Der Besuch von Papst Franziskus vom 5. bis 8. März 2021 im Irak war die erste Reise des Papstes in ein Land mit mehrheitlich schiitischer Mehrheit. Es war dies auch ein konkretes Zeichen der Nähe für die gesamte Bevölkerung dieses gezeichneten Landes und der Ermutigung für die Christen.
Bereits zum Auftakt seiner Irak-Reise hat Papst Franziskus zu Frieden und „geschwisterlichem Zusammenleben“ aufgefordert: „Die Waffen sollen schweigen“, sagte der Papst. Mit seiner Rede im Präsidentenpalast von Bagdad fordete er den Schutz, die Achtung und Anerkennung für alle religiösen Gemeinschaften ein und verwies auf das Schicksal von Jesiden und Christen im Land. Ein wirksamer Prozess des Wiederaufbaus sei nur möglich, wenn man sich trotz aller Unterschiede als „Mitglieder der einen Menschheitsfamilie“ sehe, mahnte er weiter und sprach von der „Wiege der Zivilisation“, die durch den gemeinsamen Stammvater Abraham Juden, Christen und Muslime eng miteinander verbinde.
Im Anschluss wandte sich der Papst in der syrisch-katholischen Kathedrale an Bischöfe und Priester und ermutigte sie, sich trotz aller Schwierigkeiten weiterhin für das Gemeinwohl einzusetzen, auch wenn die katholische Gemeinde im Irak „so klein wie ein Senfkorn“ sei. Franziskus erinnerte auch an jene 48 Christen, die 2010 bei einem Terroranschlag auf das Gotteshaus ermordet wurden. Für die Getöteten wurde ein Seligsprechungsverfahren eingeleitet.
Mit Spannung erwartet wurde das private Treffen von Papst Franziskus mit dem schiitischen Großajatollah Ali al-Sistani am Samstag, 6. März in Nadschaf. Der 90-jährige islamische Gelehrte ist die moralische Autorität des Irak. Der Papst betonte die Bedeutung des interreligiösen Dialogs für den gesamten Nahen Osten und dankte dem Großajatollah für dessen stabilisierende Rolle in den vergangenen Jahren.
Von großer Bedeutung war auch die Begegnung mit Vertretern unterschiedlicher Religionen in der geschichtsträchtigen irakischen Stadt Ur, die als Heimat der biblischen Gestalt Abraham gilt. Der Papst warb dabei für interreligiöse Verständigung, verurteilte die Gewalt im Namen des Glaubens und hob die gemeinsamen Wurzeln von Juden, Christen und Muslimen hervor.
Am Samstagabend ermutigte Papst Franziskus die irakischen Gläubigen bei einer Messe in der chaldäischen Sankt-Josefs-Kathedrale in Bagdad, der Weisheit Jesu zu folgen. Auch wenn die Liebe Christi in den Augen der Welt schwach erscheine, siege sie am Ende. Selig seien nicht die Mächtigen und Reichen, „sondern wer sich des Bruders oder der Schwester erbarmt“. Der Gottesdienst mit rund 500 Teilnehmern war in mehrfacher Hinsicht von Symbolkraft. Als erstes römisches Kirchenoberhaupt feierte Franziskus die Messe im ostsyrischen Ritus. Der chaldäisch-katholische Patriarch Kardinal Louis Raphael I. Sako würdigte die Geste als „Umarmung für die ganze Kirche“.
Am Sonntag, 7. März 2021, dem dritten Tag seiner Irak-Reise traf der Papst im Norden des Landes ein.
In einer symbolträchtigen Zeremonie gedachte er der Kriegsopfer - Mossul war Zentrum der Terrororganisation „Islamischer Staat“. Auf dem Platz Hosh al-Bieaa, Schauplatz der Zerstörung mehrerer christlicher Kirchen, berichteten mehrere Zeitzeugen über Verfolgung und Vertreibung während der IS-Herrschaft. Der Papst zeigte sich bestürzt angesichts der „grauenvollen Erfahrungen“.
Im Anschluss sprach er ein eigens für diesen Anlass verfasstes Gedenkgebet, in dem er mehrfach die Unzulässigkeit von Gewalt und Hass im Namen der Religion betonte: „Wenn Gott der Gott des Lebens ist - und das ist er -, dann ist es uns nicht erlaubt, die Brüder und Schwestern in seinem Namen zu töten.“
In der christlich geprägter Stadt Karakosch jubelten Tausende Menschen Franziskus zu. Der syrisch-katholische Patriarch Younan dankte Papst Franziskus für den „historischen Besuch, der uns über unsere Qualen hinwegtröstet, uns ermutigt, in unserem Land verwurzelt zu bleiben“. Papst Franziskus ermutigte die Christen der irakischen Ninive-Ebene nach leidvollen Kriegsjahren, das geistliche Erbe ihrer Vorväter zu bewahren. „Ihr seid nicht allein“, sagte er am Sonntag beim Besuch der Kirche der Unbefleckten Empfängnis in Karakosch. „Unser Treffen hier zeigt, dass der Terrorismus und der Tod niemals das letzte Wort haben.“
Als Höhepunkt hat Papst Franziskus zum Abschluss seiner Irak-Reise in der kurdischen Regionalhauptstadt Erbil eine Messe mit Tausenden Gläubigen gefeiert. In der Predigt rief der Papst die Menschen auf, nicht „nach Rache zu suchen“. Stattdessen müsse das Herz mit der Hilfe Jesu „gereinigt, aufgeräumt, geläutert werden“. Mit der Weisheit Christi sei es möglich, eine offene Kirche und Gesellschaft aufzubauen.