Der Rektor des Österreichischen Pilger-Hospizes in Jerusalem, der Eisenstädter Diözesanpriester Markus Bugnyar, berichtet über die Lage in Jerusalem während der Pandemie und äußert sich u.a. über die dramatischen Situation der kirchlichen Schulen in Israel.
Das mitten in der Altstadt von Jerusalem gelegene Österreichische Pilger-Hospiz an der Kreuzung der Via Dolorosa mit der Al-Wad Street ist sicher eines der eindrucksvollsten Gebäude der Heiligen Stadt. Normalerweise tummeln sich in und um den 1860 errichteten villenartigen Bau – u.a. im Hospizcafé – Hunderte Pilger und Touristen. Doch seit bald einem Jahr ist alles anders, und das große Gebäude ist gespenstisch leer. 40 Angestellte mussten wegen der Pandemie in Kurzarbeit geschickt werden, nur mehr sechs, die unabkömmlich sind – also Securities, Rechnungswesen-Zuständige, Handwerker und Haushaltskräfte – können noch geregelt arbeiten.
Das war "noch nie da"
"Erst dann, wenn wir wieder aufsperren können, kann entschieden werden, wie groß die künftige Belegschaft sein soll", berichtet Pilger-Hospizrektor Markus Bugnyar. "In der 33-jährigen Geschichte seit der Wiedereröffnung hat es Phasen mit schwachem Besuch wegen Krieg oder Intifada gegeben. Aber immer waren irgendwelche Pilger im Haus. Ein Leerstand von einem Jahr – das war noch nie da."
Der Eisenstädter Diözesanpriester leitet das Hospiz seit 17 Jahren. Er kommt auch oft nach Österreich, wo er Interviews gibt, Hochschulvorlesungen bzw. Vorträge hält und den Freundeskreis des Österreichischen Pilger-Hospizes (umfasst ca. 2.000 Personen) betreut. "Die Mitglieder sind sehr großzügig und haben dem Hospiz in der Corona-Krise das Überleben gesichert. Wir haben monatliche Fixkosten von über 40.000 Euro, aber Gott sei Dank seit März mehr als 350.000 Euro an Spenden bekommen. Damit sind wir bisher über die Runden gekommen, hoffen aber, dass weiter Spenden eintreffen", so der Rektor. Er sieht noch eine lange Durststrecke und erwartet die ersten größeren Pilgergruppen erst im Herbst.
Aktuell ist er stark damit beschäftigt, dem Freundeskreis und allen Interessierten über das Internet Videos, Berichte und für das Heilige Land relevante Meditationen anzubieten, um ihre Verbindung zu Jerusalem zu stärken. Zurückhaltender ist er bei Livestream-Gottesdiensten.
Dramatische Situation bei kirchlichen Schulen
Aktuell zeichne sich eine dramatische Situation auf dem kirchlichen Schulsektor ab: Eltern könnten wegen der Krise die Schulgelder nicht bezahlen, im Schulbudget fehlten 17 Millionen Dollar, und als Abhilfe sei der Beschluss zur Schließung einer großen Zahl von Kindergärten gefasst worden. " Wer eventuell noch etwas retten könnte, ist der Grabesritterorden, der eine Sonder-Spendenaktion gestartet hat." Aber auch das Österreichische Pilger-Hospiz hilft, und zwar über den Kanal eines eigenen Sozialfonds. Er unterstützt mit 25.000 Euro einen kirchlichen Kindergarten in Jenin. Der Fonds will sich auch für ein von Schwestern geführtes Schwerstbehindertenheim der katholischen Pfarre Gaza engagieren.
Gute Früchte trägt nach Aussage Bugnyars die Jerusalemer Ökumene. Wichtigstes Forum sei der ECOF (Ecumenical Circle of Friends), der vom belgischen Ordensmann P. Frans Bouwens geleitet wird. Im ECOF seien vor Corona Mitglieder aus mehr als 20 christlichen Gemeinschaften monatlich zusammengekommen und hätten im Austausch Lösungen zu einer Vielfalt ganz praktischer Probleme gefunden.