Mutter Teresa ist eine der Heiligen der katholischen Kirche, die uns immer wieder mit ihrer Opferbereitschaft gegenüber Menschen in Not in Erstaunen versetzt. Sie reiste weit nach Indien, um im Leben der Armen auf jede erdenkliche Weise präsent zu sein, die diese Taten der Barmherzigkeit benötigen. Doch weniger bekannt ist die dunkle Nacht der Seele, in der sie lange lebte, diese „spirituelle Dunkelheit“ dauerte so lange, dass wir sie als unverzichtbaren Teil der Bestimmung von Mutter Teresa betrachten können.
Als Anjezë Gonxhe Bojaxhiu im Jahr 1910 in Skopje, Mazedonien, geboren, verspürte sie schon als Jugendliche den Ruf, sich Gott und dem Nächsten zu weihen. Im Alter von achtzehn Jahren trat sie in das Noviziat der Loretoschwestern ein und wurde in der Kirche der Heiligen Jungfrau Maria in Letnica, Kosovo, eingekeidet. Sie wurde beauftragt, als Missionarin in Bengalen mit armen Menschen zu arbeiten. Sie nahm den Ordensnamen Maria Teresa an. Ihre Verbindung zur Heiligen Jungfrau Maria ist hier offensichtlich, ihren zweiten Namen, Teresa, wählte sie wegen der hl. Therese von Lisieux – der heiligen kleinen Teresa vom Kinde Jesu -, einer Karmeliterin, die Missionarin werden wollte, was ihr aber wegen ihrer Krankheit und ihrem Tod mit 24 Jahren nicht möglich war. Maria Teresa kam im Jahr 1929 nach Indien und begann ihre Arbeit in Darjeeling. Äußere Unsicherheit, Hunger und kriegerische Konflikte bestimmen ihr Leben und ihre Arbeit dort. Zu dieser äußeren Unsicherheit gesellte sich eine innere, als sie im Jahr 1946 einen inneren Ruf verspürte. Mutter Teresa hatte nämlich die Gabe der spirituellen Location, die Gabe im Innersten die Stimme Gottes zu hören, die sie dazu aufforderte, den Orden zu verlassen, dem sie beigetreten war und in dem sie lange Jahre gedient hatte, um den Orden der Missionarinnen der Nächstenliebe zu gründen, um den Armen in den Straßen der indischen Stadt zu dienen. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber das erinnert mich sehr an die Geschichte der Heiligen Jungfrau Maria, als ihr der Engel Gabriel erschien und ihr überraschend die Nachricht brachte, dass sie empfangen und den Sohn Gottes, Jesus, zur Welt bringen werde. Mutter Teresa sagt wie Maria: „Es geschehe nach deinem Wort“ und nennt es „den Tag der Entscheidung“.
Als sie das Kloster im Jahr 1948 verließ, zog sie einen Sari an, ein traditionelles indisches Gewand, und engagierte sich für die Not der Armen und Bedürftigen, indem sie ihnen auf jede erdenkliche und notwendige Weise diente. Wie Maria mit Josef und dem neugeborenen Jesus war es für sie nicht einfach, ihre Berufung angesichts der Herausforderungen und Versuchungen der Armut in den indischen Familien zu leben. Sie besucht die Armenviertel von Kalkutta, kümmert sich um sterbende Menschen auf der Straße, hilft kranke Kinder zu heilen, kümmert sich um Demenzkranke, Verlassene und besucht die Ärmsten der Armen. Sie lebt in einem indischen Tempel, der als Zufluchtsort für die Armen diente, dies erinnert mich sehr an Marias Reise nach Ägypten, um den neugeborenen Sohn Gottes vor der Bosheit des Königs Herodes zu schützen. Mutter Teresa sah in den Armen Jesus, der von Beginn seines Lebens bis zu seinem Tod am Kreuz verfolgt wurde. Der Orden der Missionarinnen der Nächstenliebe wurde im Jahr 1950 offiziell gegründet. Ihm schließen sich immer mehr fromme Frauen an, die den gleichen Ruf hören, den Ärmsten zu dienen, Frauen, die von ihrem Leid bewegt sind und dafür gekämpft haben, die Gleichgültigkeit der Umwelt gegenüber den Bedürfnissen anderer zu überwinden. Sie waren diejenigen, die die Aussätzigen, die AIDS-Kranken, säuberten, sich um vernachlässigte Kinder kümmerten, sie unterrichteten, sie formten, sie ernährten und pflegten. Sie kümmerten sich im Hospiz um den würdevollen Tod der alten Menschen, der Obdachlosen, der Unglücklichen und Verlassenen.
Oft denken wir, dass das Gegenteil von Liebe Hass ist, aber das ist nicht so. Das Gegenteil von Liebe ist Gleichgültigkeit, sich nicht um die Bedürfnisse anderer Menschen zu kümmern. Gleichgültigkeit kann aus der Bequemlichkeit und der scheinbaren Sicherheit des Lebens entstehen, aber es kann auch ein Abwehrmechanismus sein, der mir sagt, dass ich nichts tun kann. Falsch. Immer kann man etwas tun. Diese Fürsorge für die Bedürfnisse anderer begleitet Maria auch beim öffentlichen Wirken Jesu, wenn sie beispielsweise bei einer Hochzeit in Kana bemerkt, dass es den Gästen an Wein mangelt. Symbolisch stellt der Wein die Lebenskraft dar, die Jesus durch sich selbst in der Gemeinschaft mit uns, durch das Sakrament und durch den Akt der Liebe, vereint, schenkt. Der alleinige Empfang des Sakraments der Eucharistie oder der Versöhnung wird zu einem reinen Ritual, mit dem wir unser eigenes Seelenheil beruhigen, wenn wir keine Liebe für die Menschen um uns haben.
Der Orden der Missionarinnen der Nächstenliebe breitete sich allmählich von Kalkutta in andere Teile Indiens und dann nach Europa, beginnend mit den Ländern der ehemaligen Sowjetunion aus. Liebe kennt wahrlich keine Grenzen, keine Hautfarbe, keine Religionszugehörigkeit, keine Sprache, keine soziale Ordnung. Liebe ist eine Sprache, die die Seele am klarsten versteht. Das wusste auch Mutter Teresa, sie sah in dem „Fremden“ einen Bruder, einen Menschen in Not oder einen Menschen, der ermutigt werden muss, anderen zu helfen. So sieht uns auch Maria. Als Jesus ihr am Kreuz zurief: „Frau, siehe dein Sohn!“, wurde sie fortan die Mutter der Apostel und durch sie die Mutter von uns allen. Wir alle brauchen etwas. Uns allen fehlt etwas. Und wenn wir alles haben, was wir wollen, dann liegt es an uns, es weiterzugeben, sei es Zeit, Geld, verschiedene kleine Gefälligkeiten, die wir einer anderen Person erweisen, bis hin zu großen Diensten an anderen. Mutter Teresa kann eine kraftvolle Inspiration für die Beständigkeit, das Durchhalten der Liebe auf diesem Weg sein. Aber wir dürfen auch darauf nicht vergessen: Mutter Teresa hörte auf die Stimme Jesu, pflegte aber auch eine starke Frömmigkeit gegenüber Maria. Obwohl sie Zeiten geistiger Dürre und Dunkelheit durchlebte, führte Gott sie auf diesem Weg und gab ihr Anweisungen, was als nächstes zu tun sei. So bezeugte Mutter Teresa dem Oberhaupt des männlichen Zweigs der Missionare der Nächstenliebe eine Vision in drei Teilen, in der eine große Menschenmenge gezeigt wurde, die nach Christus rief, dann Maria, die sie ermutigte, sie zu Christus und bis zum Kreuz zu führen, von dem herab ihr Jesus, wie er einst seiner eigenen Mutter sagte, dass die Menschen, die nach ihm rufen, die Seinen sind und dass sie diese zu ihm führen soll. Diese Vision stand am Anfang der Verwirklichung des zweiten Teils von Mutter Teresas Berufung.
Das weibliche Genie trägt, wenn es vereint ist, die Neuheit Gottes in sich. Papst Franziskus wird anlässlich des Weltjugendtages in Rio de Janeiro sagen, dass die Kirche ohne das weibliche Genie so ist, wie der Chor der Apostel ohne Maria. Frauen verleihen der Welt jene besondere empfindsame und gedankliche Feinheit, die in Kombination mit Gottes Willen eine Frau unaufhaltsam macht. Mutter Teresa war so und wurde auch als solche erkannt. Im Jahr 1979 erhielt sie den Friedensnobelpreis, alles „zur Ehre Gottes und im Namen der Armen“. Klein, winzig, runzelig, der Körper von Krankheit erschöpft, aber in Gottes Augen würdevoll und schön. Sie starb am 5. September 1997. Seliggesprochen wurde sie von Papst Johannes Paul II. am 19. Oktober 2003 und heiliggesprochen von Papst Franziskus am 4. September 2016.
Wir müssen nicht (aber vielleicht muss auch jemand?!) nach Indien gehen, um den Armen zu helfen, um uns um das Lebensnotwendige zu kümmern, die Kranken zu pflegen oder uns um den Zustand der Seele eines anderen zu kümmern. Es reicht aus, sich umzudrehen, und wir werden sicherlich sehen, wie Jesus jemanden, der in Not ist, aus tiefstem Herzen ruft. Mutter Teresa lächelt vom Himmel über unsere Taten der Liebe für andere, egal wie klein und winzig sie auch sein mögen. Und mit ihr auch die Heilige Jungfrau Maria und die heilige Therese von Lisieux, diese unaufhaltsame Gemeinschaft von Frauen mit Jesus in der Mitte. Sie mögen für uns beten!
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