Wir alle haben schon einmal diese bekannten Gebetskarten (Bildchen) erhalten, die das Motiv eines Heiligen oder die Zeichen eines Sakraments zeigen, und auf der anderen Seite steht ein Gebet. Viele von uns tragen sie in ihren Brieftaschen bei sich oder lassen sie in der Kirchenbank liegen, wo sie dann jemand findet. Wir geben sie bei Gebetstreffen weiter, sie erinnern uns daran, dass wir ein Sakrament empfangen haben, wir hängen sie bei manchen Fotos unserer Lieben in unseren Häusern dazu, oder so wie in meinem Fall, bewahren wir sie als Lesezeichen in unseren Lieblingsbüchern auf. Wir verbinden mit ihnen eine Erinnerung an das Gefühl des Schutzes und die Präsenz der Gemeinschaft der Heiligen in unserem Leben. Sie sind eine ästhetische Erfahrung der Schönheit des Glaubens, aber sie können auch abergläubisch zu Hause aufbewahrt werden, ohne sich der Notwendigkeit des Gebets wirklich bewusst zu sein, zu dem sie uns ermutigen.
Eines der häufigsten Motive dieser Art auf Gebetskarten (Bildchen) ist die Darstellung Jesu als guten Hirten. Oft mit dem idyllischen Anblick unseres Herrn, der ein behaglich liegendes Lamm oder ein kleines Schaf (uns) auf seiner Schulter oder in seinen Armen trägt, wie unsere Eltern uns wahrscheinlich getragen haben, als wir klein waren. Das Bild ruft ein Gefühl von Wärme und Fürsorge hervor, in fast unwirklichen Ausmaßen, aber tatsächlich verbirgt sich viel mehr in der sentimentalen Szene.
Die Israeliten waren ein Volk, das mit und von dem Vieh lebte, das es züchtete. Die Tiere, die sie züchteten, dienten als Nahrung, als Opfergabe, sowohl symbolischer als auch alltäglicher Natur, oft mit der Kultur verbunden. Eines der Tiere ist bedeutend in der Symbolik der Beziehung zwischen den Menschen und Gott und das ist das Schaf, besser gesagt das Lamm. Hier werden wir uns mit diesen beiden Bilder befassen – dem Schaf und seinem Beschützer und Führer, dem Hirten. Ein Schaf ist ein harmloses Tier, welches Führung braucht.
Die Herde wird oft von einem Widder beaufsichtigt, der die Herde zusammenhält. Der wichtigste Herr der Schafe in der Gruppe neben dem Widder, ist eigentlich der Hirte. Der Hirte führt seine Herde in die Richtung, die für die Tiere günstig ist, er führt sie in Richtung der Weide, wo sie Nahrung finden, er führt sie dorthin, wo es sauberes Wasser gibt, und bewahrt sie vor Unheil, bis die Schafe in die Sicherheit des Pferches zurückkehren. Ohne ihn würden sie schnell in Gefahr geraten. Es ist kein belastbares Tier, welches für schwere Arbeit genutzt wird. Es hat jedoch einen besonderen Wert und wir verwenden es als Nahrung und Wolle.
Aus dem Leben der Schafe sind uns mehrere berührende Details in Erinnerung: Wenn sich ein Schaf auf den Rücken dreht, kann es ohne Hilfe nicht aufstehen. Nur der Hirte kann dem armen Tier helfen. Wenn das Schaf verletzt ist, unternimmt es nichts, um sich selbst zu helfen, sondern wartet hilflos darauf, dass ihm geholfen wird. Wenn es kein gutes Futter oder sauberes Wasser findet, fressen die Schafe auch etwas, das für sie nicht immer gesund ist. Und schließlich reagiert das Schaf auf die Stimme des Hirten, es erkennt ihn. Einmal war ich in einem Dorf namens Mrkopalj in Gorski Kotar und kam an einer Schafherde vorbei, die in einem nahegelegenen Hof weidete. Ihr Besitzer war nicht anwesend, es gab keinen Widder, die Rolle des „Hirten“ übernahm ein Gänserich, der sie mit seinem Gackern in den Pferch jagte, als es begann, dunkel zu werden. Diese niedliche Anekdote hat mir das Verhalten dieser Tiere ein Stück nähergebracht.
Warum zieht Jesus im Verhalten von uns Gläubigen so viele Parallelen zu diesen Lebewesen? Erstens war der Hirtendienst in der Heimat Jesu eine alltägliche Beschäftigung, sodass Vergleiche mit dem Verhalten von Schafen für den Zuhörer verständlich waren. Sie empfanden sie nicht als beleidigend oder demütigend, und wir sollten es auch nicht, denn Schafe waren und sind kostbare und sanftmütige Tiere, die Hilfe brauchen, und auch wir brauchen immer Gottes Hilfe und Fürsorge, auch wenn es uns gut geht.
Jesus vergleicht sich mit einem guten Hirten, der sich um sein Volk kümmert. Dieses äußerst sanfte Bild schafft schon beim ersten Hören Vertrauen in die Beziehung zu ihm. Ich bin der gute Hirte (vgl. Joh 10, 11-18), ich bin die Tür zu den Schafen (10, 1-10) und die Rede über die Schafe, die auf meine Stimme hören (Joh 10, 27-30) sind bekannte Bilder wie auch das Gleichnis vom verlorenen Schaf. Es sind Bilder, die von Jesus erzählen, der sein Volk beschützt, rettet und für es sorgt. Wenn ein Mensch verletzt ist, findet er in ihm einen Fürsorger, im Gebet und in guten Taten Linderung und Erleichterung für seine Schwierigkeiten. Wenn er etwas braucht, steht es ihm frei, darum zu bitten. Darüber hinaus hat Jesus sein Leben für uns gegeben und ist für uns gestorben.
Und schließlich: Wer ist außer Jesus selbst noch der Hirte, der Seite an Seite mit uns geht? Dies sind Bischöfe, Priester und Diakone. Beim bischöflichen Hirtenzeichen, dem Stab, ist die Symbolik der Leitung der Gemeinschaft zu Jesus offensichtlich. Wie ein Hirte, der sich um seine Herde kümmert, über ihre geistlichen Bedürfnisse wacht und sich um sie kümmert und ihm die Auslegung des Wortes Gottes und der Sakramente vermittelt, leitet der Bischof die Gemeinschaft der Gläubigen. Als seine Helfer, kümmern sich die Priester um die geistlichen und materiellen Bedürfnisse der ihnen anvertrauten Gläubigen in den Pfarren. Die Diakone als Diener kommen zu den Menschen und bringen Jesus in den Sakramenten, Predigten und Werken der Liebe zu ihnen.
Und wir, das Volk Gottes? Sind wir die Herde, um die sich die Geweihten kümmern? Meistens sind wir das, aber vergessen wir nicht, dass wir ohneeinander keine Kirche sind. Aber manchmal können wir auch gute Hirten füreinander sein, wir können gemeinsam gehen und uns füreinander sorgen.
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