Eisenstadt, in der Fasten- und Passionszeit 2024
„Gnade und Friede von dem, der da ist und der da war und der da kommt“
Diesen Gruß des österlichen Zeugen Johannes an die Gemeinden in der Provinz Asia sagen wir, der Bischof und der Superintendent, Euch, den römisch- katholischen und evangelischen Mitchristen unseres Burgenlandes.
Gemeinsam schauen wir zurück
Seit 100 Jahren ist der heilige Martin von Tours der Landespatron des Burgenlandes. Sein Vorbild im Glauben und im Tun wird überkonfessionell geschätzt. Der heilige Martin lebte in einer Zeit, in der die Kirche Jesu Christi noch ungeteilt war. Sein Einsatz erinnert unsere beiden Kirchen an ihren Auftrag, in der Nachfolge Jesu für alle Menschen dieses Landes da zu sein, besonders für jene, die unsere Hilfe und den Beistand brauchen. Viele Christinnen und Christen in unserem Land leben und tun auch heute diesen diakonischen und caritativen Dienst zum Wohl aller – dafür sagen wir Dank!
Evangelische Christinnen und Christen gibt es in unserem Land seit der Reformation. Vor 100 Jahren wurde die evangelische Superintendenz Bur genland als diözesaner Dachverband für die 29 Pfarr- und 49 Tochtergemeinden gegründet. In den zahlreichen noch erhaltenen Turmschulen wird die enge Verbindung zwischen Reformation und Bildung, Kirche und Schule deutlich. Im evangelischen Wimmer-Gymnasium in Oberschützen zeigt sich diese Tradition bis heute in Form eines lebendigen, erfolgreichen Schulwesens. Bildung und Ausbildung ermöglichen nicht nur Freiheit, sie schaffen soziale Sicherheit und bauen die Zukunft unserer Gesellschaft.
Gemeinsam gehen wir den Weg
Wie die beiden Jünger von Emmaus, suchend und fragend, sind auch unsere beiden Kirchen auf dem Weg durch die Zeit. Dabei sind sie einander auch nähergekommen. Alte Vorurteile konnten abgebaut, manche Verwerfungen rückgängig gemacht werden. Es mag noch unterschiedliche Auffassungen über die richtige Wegfindung geben, doch hinsichtlich des Zieles besteht Einigkeit. Die zentrale Aufgabe der Kirche Christi war, ist und bleibt die Verkündigung des Evangeliums, der frohen Botschaft, hinein in diese Welt voller Zweifel, in einer Zeit der Krisen und Unsicherheiten, mit allen Abbrüchen und Umbrüchen.
Auf dem Weg von Jerusalem nach Emmaus trafen die beiden Wanderer auf Jesus, den Fremden. Er erklärte ihnen die Heilige Schrift, angefangen bei
Mose und den Propheten, und er legte ihnen aus, was über ihn gesagt worden war. „Ihr Herz brannte“, so werden sich die beiden Jünger später an diese Begegnung erinnern. Sie werden manches verstanden haben, was Jesus ihnen offenbarte, aber sie erkannten nicht, wer ihr Weggefährte war. Ihre Augen wurden erst geöffnet, als sie gemeinsam mit ihm zu Tisch saßen, er das Brot nahm, dieses brach und mit ihnen teilte.
Das Abendmahl, die Eucharistie führte zur vollen Erkenntnis des österlichen Christus. Immer ist es Jesus Christus selbst, der Auferstandene, der an seinen Tisch lädt. In der Emmausgeschichte sind es aber auch die beiden Zukunftslosen, die ihn bitten, zu bleiben: „Herr, bleibe bei uns, denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneigt.“
Gemeinsam,
und doch getrennt am Tisch des Herrn
Noch sind wir als Kirchen nicht am Ziel, aber gemeinsam und einmütig wie die Jünger von Emmaus unterwegs. Nach der Erfahrung des Karfreitags, der Lebenswirklichkeit von Leid und Tod, hoffen wir auf die Auferstehung und das Ewige Leben. Die Herberge im Dorf, wohin die beiden gingen, haben wir noch nicht erreicht. Die gemeinsame Feier am Tisch des Herrn ist noch nicht möglich. Das schmerzt uns gleichermaßen, weil die Emmausgeschichte lehrt, dass die volle Erkenntnis Jesu Christi nur gemeinsam geschehen kann. Aber wir haben zumindest erkannt, dass unser Weg dorthin führen muss. In der Nachfolge Jesu dürfen wir dieses Ziel nicht aus den Augen verlieren.
Gemeinsam schauen wir nach vorne
Es sind große Herausforderungen, vor denen wir als Kirchen, als Christinnen und Christen, als Menschen stehen. Die weltweiten Kriege machen uns Angst, insbesondere das sinnlose Töten, die bleibenden Wunden in der Ukraine, im Heiligen Land und auf den vielen Schauplätzen von Hass und Gewalt. Die betroffenen Menschen müssen und dürfen fragen: „Wo ist Gott? Wie kann er das zulassen?“ Die einzig mögliche Antwort, die wir geben können, lautet:„Er hängt dort am Kreuz auf Golgotha.“ Das ist die Erfahrung des Karfreitags, die Erfahrung der tiefsten Gottverlassenheit. Sie lässt sich nicht wegdiskutieren, sie ist wirklich. Die Jünger von Emmaus ahnen, was damit gemeint ist.
Doch es sind nicht nur die Nöte der Welt, die uns Sorgen machen. Wenn wir unseren Blick nach innen richten, auf unsere beiden Kirchen, so sehen wir die Herausforderungen: Die Mitgliederzahlen sinken, viele Fragen sind offen, die Aufgaben der Kirchen müssen klar definiert, Gottesliebe und Nächstenliebe glaubhaft bezeugt und gelebt werden. Von Gott muss wieder verantwortungsvoll geredet werden. Es geht um ihn. Wir stehen vor großen Aufgaben.
Gemeinsam sind wir
Zeugen des Auferstandenen
Auch die beiden Jünger von Emmaus haben gezweifelt. Sie haben alles, auch den Karfreitag, erlebt. Die Kreuzigung Jesu, die Durchkreuzung ihrer Hoffnungen, blieb die größte Anfechtung ihres Glaubens. Aber es war nicht ihr Ende. Sie haben sich auf den Weg gemacht, gemeinsam und offen für alle Begegnungen. Da treffen sie den Auferstandenen. Er offenbart sich ihnen nicht in einem übernatürlichen Wunder, sondern im Brechen des Brotes, in der Eucharistie. Das macht Mut. Das ist die Grundlage für Glaube, Liebe und Hoffnung.
Daher möchten wir alle Menschen inner- und außerhalb der Kirchen ermutigen, die Erfahrungen des Karfreitags in ihrem Leben nicht zu verdrängen, aber voller Zuversicht Ostern, die Wirklichkeit der Auferstehung, zu leben. Der Sieg des Lebens über den Tod, der Hoffnung über alle Verzweiflung, der Freude über alle Trauer, ermutige uns, Salz der Erde und Licht in der Welt zu sein: Frieden zu stiften, der Gottverlassenheit mit Glauben und Vertrauen zu begegnen, über alle Gräben hinweg Einigkeit und Versöhnung zu leben und Zeugen des Auferstandenen zu werden.
Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit.
Wir wünschen Euch ein gesegnetes Osterfest!
Der Friede sei mit Euch!
Robert Jonischkeit Ägidius J. Zsifkovics
Superintendent Bischof
Umschlagbild:
„Auf dem Weg nach Emmaus“ von Giselbert Hoke (1927 – 2015)
Studium bei Robin Christian Andersen und Herbert Boeckl. Einer der bedeutendsten Gegenwartskünstler in Österreich mit Nähe zu Picasso und Matisse, mit Orientierung am Expressionismus, Kubismus und Fauvismus. 1959 erhielt Hoke den 1. Preis beim Wettbewerb für sechs Fresken für die Katholische Lehrerbildungsanstalt in Eisenstadt, heute das Gymnasium Wolfgarten der Diözese. Die Fresken erstrecken sich über die gesamte Raumhöhe von 2,9 Meter und je nach Wandfläche auf eine Breite zwischen 4 und 5,5 Meter auf drei Stock werken. 2009 wurden diese von seiner Tochter Karma Eder restauriert und unter Denkmalschutz gestellt. Die Fresken mit biblischen Motiven und ihrem ikonographischen Konzept – vom Künstler entworfen – zählen mit den kräftigen Farbakkorden zu den größten Kunstwerken des Burgenlandes und sind aus der religiösen Landschaft österreichischer Monumentalmalerei nach 1945 nicht wegzudenken. Leider ist dieses faszinierende Kunstwerk auch den Christen im Burgenland weitgehend unbekannt. (Foto: F. J. Rupprecht)