Angeregt durch den Beginn der Fastenzeit traf ich mich mit dem Pfarrer der Pfarre Mariä Himmelfahrt in Rijeka, Mons. Sanjin Francetić, um über die Bedeutung dieser für die Gläubigen wichtigen Zeit, der Vorbereitung auf Ostern, zu sprechen. Er gab mir Antworten auf viele Fragen und einen Einblick in die Fastenzeit aus der Sicht eines Priesters.
Wir sind in die Fastenzeit eingetreten. Die Fastenzeit wie auch der Advent gilt als liturgische und religiöse „starke Zeit“. Können Sie das näher erläutern? Was bedeutet das?
Wir befinden uns in der Fastenzeit, die symbolisch vierzig Tage beträgt, aber tatsächlich sind es mehr Tage, denn die Sonntage werden hier ebenfalls gezählt, aber diese sind ausgenommen, da der Sonntag immer der Festtag der Auferstehung des Herrn ist, sogar am Palmsonntag. Der Sonntag ist immer der Tag der Begegnung mit dem lebendigen Christus, und während der Fastenzeit stellen wir uns die Frage und müssen uns dessen bewusst sein, warum Jesus auf die Welt kam, er kam für jeden von uns Sündern, und wir müssen uns fragen welche Ergebnisse wir beitragen, bemühen wir uns wirklich oder ist für uns die Fastenzeit nur ein Brauch.
In der Fastenzeit werden religiöse Praktiken wie Buße, Fasten, Verzicht verstärkt erwähnt. Welche Reihenfolge Sie auch wählen, die Bedeutung scheint dieselbe zu sein. Gibt es Abstufungen zwischen diesen Praktiken und ist eine wichtiger als die andere?
In der Liturgie ist alles geregelt. Fasten, Gebet, Werke der Barmherzigkeit. Wenn wir nur Werke der Barmherzigkeit vollbringen, werden wir zu Menschenfreunden. Das können auch andere Menschen tun, die nicht gläubig sind. Fasten kann eine Art Diät sein. Wenn ich ohne Gebet faste, dann tue ich wiederum nichts Gutes. Das Gebet trägt all das, es ist der erste Schritt. Wenn ich es im Glauben tue, tue ich Gutes. Es ist sehr nützlich, den Gebeten in der Liturgie zuzuhören, denn in ihnen erkennen wir den Willen Gottes.
Die Fastenzeit ist die Zeit der spirituellen Vorbereitung auf Ostern. Welche Botschaft bringt die Praxis des Fastens im Glaubensleben? Welche Frucht soll sie bringen?
Während der Fastenzeit müssen wir uns unserer Spiritualität widmen und uns selbst zeigen, dass wir die Bedürfnisse unseres Körpers kontrollieren können, die da sind, um uns zu schützen. Der Mensch neigt von Natur aus zur Dunkelheit, und es geht darum, zu lernen, das zu kontrollieren. Fasten bedeutet, dem Körper zu sagen, dass wir die Herren sind, das gilt auch für alle anderen Instinkte in uns.
Oft hört man unter den Gläubigen die Frage „Worauf verzichtest du in der Fastenzeit?“. Denken Sie, dass diese Frage trivial ist, anstatt der eigenen Bildung des Herzens? Welche Haltung vertritt die Kirche zum Verzicht, welche Botschaft trägt sie?
Tatsächlich ist diese Frage nicht raumfüllend, wenn wir nichts zu besprechen haben. Der heilige Paulus sagt: „Lasst in eurer Mitte Psalmen, Hymnen und geistliche Lieder erklingen.“ (Eph 5,19) Wir können keine geistliche Frage stellen, manchmal auch nicht darauf antworten, aber damit lenken wir die Aufmerksamkeit weg vom Wesentlichen.
Wie sieht es mit dem Sakrament der Beichte in der Fastenzeit aus, welche Erfahrungen haben Sie als Priester gemacht? Gibt es einen Rückgang beim Zugang zum Sakrament der Beichte?
Die Annäherung an das Sakrament der Beichte ist ein Zeichen ernsthaften Glaubens. Beim Sakrament der Beichte geht es nicht nur darum, Gott zu sagen, was wir gesündigt haben, denn Gott weiß es. Aber ich muss es vor Gott bekennen und ihn aus tiefstem Herzen um Vergebung bitten. Als Priester habe ich Erfahrung mit schönen Beichten, insbesondere bei jungen Menschen. Wir unterscheiden zwischen Beichte und geistlichem Gespräch, die Rolle des Priesters im Beichtstuhl ist die eines Richters und eines Arztes. Nicht desjenigen, der den anderen nur schimpft. Der heilige Johannes Maria Vianney hat wunderschön gesagt, dass ein Priester, der selbst ein Sünder ist, bei der Beichte den anderen verstehen kann, weil er seine eigene Sündenerfahrung hat. Es ist sehr wichtig, die Sünde genau und ohne viele Beschreibungen auszusprechen. Was in der Krise steckt, ist die Zahl der Gläubigen. Wir leben in einer Zeit schneller Veränderungen, aber wir vertrauen darauf, dass Gott es auf seine Weise ausführen wird.
Vor dem Sakrament der Beichte ist es wichtig, sich einer Gewissenserforschung zu unterziehen. Welchen Rat würden Sie jemandem geben, der sich auf dieses Sakrament vorbereitet, und warum ist die Erforschung des Gewissens wichtig?
Wir sollten jeden Tag eine Gewissenserforschung machen. Wenn wir das Stundengebet beten, dann haben wir beim Abendgebet eine Erforschung unseres Gewissens. Das heißt, am Abend im Gedanken unseren Tag Revue passieren zu lassen, also unser Handeln neu zu bewerten. Wenn etwas schlecht war, fragen wir uns, ob die Ursache in uns selbst liegt. Wenn wir ein aktives religiöses Leben führen, wird uns oft etwas in den Sinn kommen, dass wir sagen müssen, wenn wir zur Beichte gehen. Wir müssen uns fragen, ob wir eine gute Tat nicht vollbracht haben, denn wenn wir beichten ist das eine Kategorie, die wir oft auslassen. Sünde ist etwas, das der Gläubige erkennt und fühlt. Wenn ich ein Mensch bin, werde ich sicher sündigen, aber ich muss mutig genug sein, diese Sünden laut auszusprechen. Der Bußakt zu Beginn der heiligen Messe kann uns auch dabei helfen, bei der Gewissenserforschung zu erkennen: Habe ich gesündigt in Gedanken, Worten, Werken und durch Unterlassungen?
In den Lesungen der Fastenzeit finden wir Motive der Einladung zu Buße und Umkehr. Wie würden Sie jemandem, der sich aktiv auf dem Weg der Umkehr befindet, erklären, was mit ihm geschieht, an welchem Punkt seines Lebens er steht?
Wenn wir uns an die Lesungen in der Fastenzeit halten und das Stundengebet beten, werden wir einen Aufruf zur Umkehr bemerken. Wir bereuen unsere Sünden, aber wir blicken ebenso auf die Sünden der anderen und bereuen sie. Die Lesungen in der Fastenzeit sollen uns nicht in Depressionen stürzen, sondern im Gegenteil optimistisch machen. Die Fastenzeit erinnert uns an die Dringlichkeit der Umkehr: Jetzt ist die Zeit der Gnade, jetzt ist die Zeit des Heils. Zeit für Buße ist immer, aber ein überzeugter Gläubiger nimmt die Fastenzeit als ein besonderes Privileg an, weil die ganze Kirche betet und beschäftigt ist. Dann ist die spirituelle Stärke größer. Es wäre sehr gut, sich auf die Lesungen vor der Messfeier vorzubereiten. Ebenso erwarten die Gläubigen in der Fastenzeit, dass der Priester jeden Tag predigt. Das sind Herausforderungen für beide Seiten. Die Umkehrung selbst ist ein Prozess, in dem wir uns immer befinden, obwohl es auch wundersame Bekehrungen gibt. Bei der Heiligsprechung beobachten wir genau das: wie ein Mensch mit seinen Schwächen kämpft. Ein Heiliger wird man.
Können Sie einen Text aus dem Alten oder aus dem Neuen Testament herausgreifen, der deutlich spricht und zur Umkehr aufruft?
Aus dem Alten Testament können wir den Propheten Jona hervorheben, an den sich die Prophezeiung von Ninive wandte. Andererseits haben wir das gegenteilige Beispiel aus dem Buch Genesis in Sodom und Gomorra, das Gottes Ruf zur Buße und Umkehr ablehnt. Gehen wir noch weiter, finden wir in der Genesis die Erfahrung der Notwendigkeit der Bekehrung bereits bei Adam und Eva, die sich ihrer Sünde schämen und sich vor Gott verstecken. Diese genannten Texte erinnern uns daran, dass Gott gegenwärtig ist, dass er sieht und bemerkt, was mit dem Menschen geschieht.
Während der Fastenzeit sind wir uns unserer eigenen Sündhaftigkeit irgendwie bewusster. Was würden Sie empfehlen, damit diese Selbstkritik des Geistes auch für das restliche Jahr anhält? Denken Sie, dass der Gedanke an Sündhaftigkeit manchmal unsere Spontaneität behindert?
Es ist eine Frage des Glaubens. Glaube und das Bewusstsein der eigenen Sündhaftigkeit ist kein Mantel, den man zu verschiedenen Anlässen anzieht. Glaube und Buße sind nicht etwas Augenblickliches, die gleichen Einstellungen sollten nicht nur während der Fastenzeit, sondern auch während des restlichen Jahres gepflegt werden. Ebenso ist es eine Frage der Gewissensbildung. Skrupellosigkeit kann zum Beispiel ein großes Problem sein. Was bedeutet es, spontan zu sein? Es bedeutet, normal zu sein. Authentische Gemeinschaft erfordert Liebe, und der heilige Paulus sagt uns dies in seinem Hohenlied der Liebe deutlich. (vgl. 1 Kor 13, 1-13.)
Das österliche Opfer Jesu am Kreuz stellt ein umfassendes Heilsangebot für diejenigen dar, die daran und damit auch an die Erlösung glauben. Was würden Sie im Schlussgedanken als wichtig hervorheben, um dieses Opfer richtig zu verstehen?
Jesu österliches Pashaopfer ist ein Ereignis der größtmöglichen Liebe Gottes zum Menschen. Er konnte nicht mehr tun, als er tat. Warum akzeptieren die Menschen die Logik des Kreuzes nicht? Darum weil sie Jesus nicht erkennen, und Jesus kann nicht erkannt werden, wenn man die Heilige Schrift und deren Interpretation nicht kennt. Die Liturgie ist genau das – die Darbringung des reinen Wortes Gottes, die Auslegung dieses Wortes und des Gebetslebens. Die in der Liturgie enthaltenen Gebete sind aus einem bestimmten Grund da und nicht das Ergebnis des Willens von irgend jemandem, sondern enthalten die richtige theologische Botschaft, die für die Erlösung des Menschen notwendig ist.
Hinweis zum Gesprächspartner:
Sanjin Francetić wurde im Jahr 1973 in Rijeka geboren. Im Jahr 1999 wurde er zum Priester der Erzdiözese Rijeka, damals Erzdiözese Rijeka-Senj, geweiht. Er diente als Priester in verschiedenen Pfarren der Erzdiözese Rijeka und war von 2011 bis 2016 Rektor des Priesterseminars „Johannes Paul II“ in Rijeka. Seit 2016 ist er Pfarrer der ältesten Pfarre von Rijeka, der Pfarre zu Mariä Himmelfahrt, im Volksmund Assunta genannt. 2024 feiert er sein 25-jähriges Priesterjubiläum.
Foto: Eva Marković